Neues Bestattungsgesetz in Sachsen-Anhalt – Mehr Möglichkeiten für Angehörige

Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat ein umfassend reformiertes Bestattungsgesetz verabschiedet. Damit reagiert das Land auf veränderte religiöse, kulturelle und gesellschaftliche Bedürfnisse. Für Angehörige bedeutet dies einerseits mehr Wahlfreiheit, andererseits gibt es aber auch neue Regeln, die sie kennen sollten.

Tuchbestattung in Sachsen-Anhalt: Lockerung der Sargpflicht

Eine der wichtigsten Änderungen betrifft die sogenannte Sargpflicht. Bislang mussten Verstorbene zwingend im Sarg bestattet werden. Künftig ist auch eine Tuchbestattung möglich, allerdings nur aus religiösen Gründen. Dies ist besonders für Menschen muslimischen oder jüdischen Glaubens ein entscheidender Fortschritt, da die Beisetzung im Leichentuch Teil ihrer Tradition ist.
Wichtig: Der Friedhofszwang bleibt bestehen. Bestattungen dürfen weiterhin ausschließlich auf Friedhöfen stattfinden. Zudem können Friedhofsträger Widerspruch einlegen, wenn hygienische Bedenken oder ungeeignete Bodenverhältnisse vorliegen.

Sternenkinder: Würdige Bestattung wird Pflicht

Eine weitere zentrale Änderung betrifft sogenannte Sternenkinder, also Kinder, die tot geboren oder nach einem Schwangerschaftsabbruch verstorben sind. Bisher mussten die Eltern die Bestattung selbst veranlassen. Wenn sie dies nicht taten, konnten Krankenhäuser die Überreste entsorgen, auch durch Sammelverbrennungen.
Das neue Gesetz verpflichtet medizinische Einrichtungen nun, eine würdevolle Bestattung von Sternenkindern sicherzustellen, auch wenn die Eltern darauf verzichten. Die Kosten tragen die Einrichtungen. So wird ein respektvoller Umgang mit frühem Leben gesetzlich garantiert.

Grabsteine ohne Kinderarbeit

Auf Friedhöfen in Sachsen-Anhalt dürfen künftig nur noch Grabsteine verwendet werden, die nachweislich nicht aus Kinderarbeit stammen. Zertifikate oder Herkunftsnachweise sind Pflicht. Damit setzt das Land ein Signal für faire Lieferketten und gegen ausbeuterische Arbeitsbedingungen in Steinbrüchen.

Zweite Leichenschau wird verpflichtend

Vor jeder Bestattung – egal, ob es sich um eine Erd- oder Feuerbestattung handelt – ist künftig eine zweite Leichenschau vorgeschrieben. Diese wird von einer Ärztin oder einem Arzt durchgeführt, die oder der nicht schon die erste Untersuchung vorgenommen hat. Ziel ist es, unklare oder nichtnatürliche Todesursachen besser zu erkennen. Gleichzeitig entfällt die bisherige 48-Stunden-Frist zwischen Tod und Beisetzung. Das ist besonders für muslimische Familien wichtig, da religiöse Vorgaben eine schnelle Bestattung erfordern.

Erinnerung durch Asche-Entnahme

Das Gesetz erlaubt erstmals die Entnahme einer kleinen Menge Asche (bis zu fünf Gramm). Diese darf beispielsweise in Schmuckstücken oder Medaillons verarbeitet werden. Das ist der Wunsch vieler Angehöriger, die eine persönliche Erinnerung behalten möchten. Die Entnahme ist jedoch nur erlaubt, wenn der Verstorbene dem nicht widersprochen hat und wenn sie dokumentiert wird.

Ehrengräber für Soldatinnen und Soldaten

Soldatinnen und Soldaten, die im Auslandseinsatz der Bundeswehr ums Leben kommen, erhalten in Sachsen-Anhalt künftig ein dauerhaftes Ruherecht. Die Gemeinden müssen die Gräber pflegen, die Kosten trägt das Land. Damit würdigt Sachsen-Anhalt den besonderen Dienst der Verstorbenen.

Neues Bestattungsgesetz in Rheinland-Pfalz: Noch mehr Freiheit

Während das Gesetz in Sachsen-Anhalt vor allem religiöse Bedürfnisse berücksichtigt, geht das neue Gesetz in Rheinland-Pfalz deutlich weiter. Dort entfallen sowohl die Sargpflicht als auch die Friedhofspflicht. Ab Oktober stehen Angehörigen zahlreiche zusätzliche Bestattungsformen offen.

Neue Bestattungsformen in Rheinland-Pfalz

  • Urnenaufbewahrung zu Hause: Angehörige dürfen die Asche eines Verstorbenen in der Wohnung aufbewahren.
  • Ascheverstreuung im Garten: Mit Zustimmung des Grundstückseigentümers ist dies erlaubt.
  • Flussbestattung: In Rhein, Mosel, Lahn oder Saar möglich.
  • Tuchbestattung ohne religiösen Grund: Nicht nur aus Glaubensgründen gestattet.
  • Asche in Diamanten verwandeln: Herstellung synthetischer Erinnerungsstücke ist erlaubt.
  • Eine Verabschiedung am offenen Sarg ist offiziell möglich.
  • Die Bestattung von Sternenkindern ist auch gemeinsam mit einem verstorbenen Elternteil möglich.

Kritik am Gesetz in Rheinland-Pfalz

Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) betonte, das Gesetz gebe Angehörigen mehr Wahlmöglichkeiten, ohne die traditionelle Bestattung einzuschränken. Die CDU hingegen sieht darin eine Gefahr für die gewachsene Bestattungskultur. Auch die Kirchen äußern deutliche Kritik: Sie fürchten, dass Trauer zunehmend ins Private verlagert wird, wenn Urnen in Wohnungen oder Schmuckstücken „verschwinden”.

Um "Bestattungstourismus" zu verhindern, gilt die Wahlfreiheit bei den Bestattungsformen deshalb nur für Menschen, deren Hauptwohnsitz vor dem Tod in Rheinland-Pfalz lag.

Wichtig: Verfügungen zu Lebzeiten festlegen!

Wer von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen möchte, sollte unbedingt zu Lebzeiten eine Totenfürsorgeverfügung verfassen. Darin wird schriftlich festgelegt, welche Bestattungsform gewünscht ist und wer sich um die Umsetzung kümmert. Ohne eine solche Verfügung bleibt die Bestattung auf dem Friedhof der Regelfall.

Fazit: Neue Bestattungsformen bringen Chancen und Herausforderungen mit sich

Das neue Bestattungsgesetz in Sachsen-Anhalt bietet Angehörigen mehr Sicherheit, religiösen Gemeinschaften mehr Freiheit und sorgt für einen würdevolleren Umgang mit Sternenkindern. Rheinland-Pfalz wiederum eröffnet mit seinen Regelungen bundesweit einzigartige Bestattungsmöglichkeiten – von der Urne im Wohnzimmer bis zur Flussbestattung.
Wichtig für Angehörige bleibt: sich frühzeitig informieren, letzte Wünsche schriftlich festhalten und sich bei Fragen an erfahrene Bestatter wie Thieß Bestattungen in Thale wenden.